I
eines der schönsten deutschen
wörter heißt lampenfieber
schon eine komische sache
wie ein scheinwerfer licht
unsere gemütlichkeit erhitzt
oder doch eher ein inneres
flimmern zittern unruhig und
auf geregt weil wir unbedingt
wollen dass es gut wird
II
klavier spielen ist ganz leicht
jeder wirklich jeder auch jede
kann und soll es probieren
drückt einfach auf eine oder
auch auf mehrere tasten
und schon kommt ein ton
hört wie er langsam verklingt
schwierig dagegen ist ge
spielte töne lieben lernen
III
ab und zu habe auch ich
und ebenso du das recht
zu tun was wir mögen
zum beispiel mit selbst
bemalten tanzschuhen
barfuß denken fallender weise
statt schnur straks einen
strick zu kaufen und uns
auf zu knüpfen zu künftig
IV
gesetze kann mann und frau
lernen doch helfen sie nur
begrenzt die welt verstehen
vermutlich könnten wir bei
genauer beobachtung noch
allerlei ungeregeltes entdecken
wahr scheinlich erscheint das
hier eben nur scheinbar ein
deutig wahrheit beginnt zu zweit
V
da kommt schon wieder
eine welle rauscht heran
und ist gleich weg
und da gleitet abermals
eine brausend und schnell
erneut verschwindend
und soeben bemerke ich
noch eine weitere tosende
woge die rasch vergeht
VI
punktuell betrachtet verbinden
sich schon wenige punkte
zu einer kleinen linie
einzelne punkte können eine
linie auch schnell und über
raschend unter brechen
ein dutzend punkte reicht aus
genug an vielfalt braucht
nur noch pausen und puls
VII
schwarz maler und schön färber
bedauernswerte geschöpfe vom
leid zerdrückt vom glück besoffen
wohl und weh ergießt sich
über jeden schopf und
lässt ihn samt wanken
lachen und weinen wird der
mensch wenn er merkt so ist
es vergisst wie es sein sollte
VIII
meist ist der nächste schritt
schon klar seine richtung
vorgezeichnet durch das
gegangene es braucht nur
etwas mut zu halten wenn
manches sich leicht ändert
beweglich bewegend spüren
wie gewicht sich verlagert
und der weg sich vollzieht
IX
applaus klingt wie ein warmer
regen beifällig unvorhersehbar
zuweilen etwas tröge verbeugend
je stärker das klatschen um so
mehr wächst meine unsicherheit
hatte ich claqueure bestellt
wichtiger im wort steckt ein
wicht als kollektive resonanz ist
dass wir ins gesprech kommen
X
meer im sommer ich schwimme
an die grenze so weit das auge
reicht trau ich mich so wie so nicht
meerkatzen malend sei ich
von der straße weg nach
dem roten faden suchend
bin ich traurig spring ich
von moment zu elegant
mehr katze als verstand
XI
eine junge schöne tastatur tippt
geduldig und mit anmut jede menge
blöd & schwach sinn in die welt
doch mit der zeit verwelken
anmut und geduld der adminis
trator wird zur last und lästig
zum glück tanzen unter tasten
noch beschwingte träume
wollen fliegen feiern rebellieren
XII
in ruhe eine reihe spüren
die einzelnen farben sehen
merken wie es bunt wird
aus einer linie baut sich langsam
ein ganzes gebilde es gilt
architektenregel nr 1 das haus
muss stehen bleiben hast du die
schule der geläufigkeit durch laufen
im kinder garten der betonung gespielt
XIII
in der mitte etwas weglassen
und unvermittelt stehen wir
am abgrund denken heißt zögern
zarter verzicht nicht weil ich
schwach bin sondern in
weit sicht und innerlich sicher
große kunst ist zurück haltung
üben ohne dreiste gewalt an
wendung zu provozieren
XIV
formulieren der wunsch dem
denken eine form geben dabei
die bedeutung wieder holen
jedes wort mit dem mund
durchkauen später mit dem
stift in der hand nachzeichnen
am ende mit dem gehirn ans herz
binden nichtdenken ist ausgesprochen
schwierig unausgesprochen auch
XV
wenn du liebst erfindest
du die welt neu keine
ente bleibt was sie war
angesteckt durch spiegel
neuronen eifert dir jedes
wesen von dir umgarnt nach
ab und zu pausieren ist
gut denn bunte viel falt
erblüht und wächst nur mit kraft
XVI
hart wie stein und gleich
darauf so leicht wie faden
da zwischen immer atmen
das schleudert dich durch
alle raster und du kriegst
dein eigen artiges profil
ob orient ob neue welt ob
oben unten innen und auch
außen halb du nun ganz
XVII
zwei stimmen gleich zeitig sind
mittler weile in urbanen schall
räumen keine rand erscheinung
immer fort singt in fast jeder
ecke fröhlich eine stimme zeugend
unbeirrtes grund & rauschen
früher verwirrten sich im kontra
punkt gegen punkt alle stimmen
kämpften stark mit zentration
XVIII
jede stelle trifft mich des
halb tuch fühlen ton bilden
lieb kosen zärtlich sein
lässt's mich beben hüpfen oder
dreht der druck das deuten dann
achtsam sein für den neunten leib
grämt's mich wie sich alles so ent
zaubert werd ich müd ich will bis
weilen warten ob's noch wandelt
XIX
wohl wollend tickt die uhr
den zeiger treibt der takt
mein leben ist gestundet
wohl klingend rauscht der baum
die zweige biegt der wind
auch freunde werden älter
wohl allen die all ein
mit menschen tanzt der tod
ich wünsch euch wohl ergehen